Neulich bei einem Spaziergang über den Waldfriedhof fiel mir ein Kreuz auf, das zum Gedenken an die Menschen aufgestellt wurde, die im Jahr 1832 an der Cholera verstorben sind. Ich stutzte für einen Moment, weil ich zuerst glaubte auf der Inschrift Corona gelesen zu haben. Mein Interesse war geweckt. Wieder zuhause angekommen, habe ich sofort nachgeschlagen, was es mit der Cholera in Aachen auf sich hatte. Dabei habe ich dann tatsächlich einige Parallelen zu Corona und der derzeitigen Situation entdeckt.
Beide Massenerkrankungen sind ein dreisilbiges Wort, beginnen mit C, tragen in der Mitte ein O und enden auf A. Der Ursprung beider Erkrankungen lässt sich nach Asien zurückverfolgen.
Für den Umgang mit Infizierten gab es damals wie heute Grundregeln.
Quarantäne und Hygieneanleitungen waren auch damals schon Instrumente, um die Pandemie einzudämmen.
Ebenso wurden Grenzen geschlossen, der Grenzverkehr untersagt sowie Häuser und Straßen wie auch ganze Dörfer und Städte vom Zugang außerhalb der dort Wohnenden abgeschnitten.
Der Staat übernahm damals die Kosten vor allem für die Sicherung der Grenzen, die Kommunen trugen die Kosten des Gesundheitswesens vor Ort und für spezielle Sicherungsmaßnahmen. Während seinerzeit das Militär die Einhaltung der Verordnungen überwachte, sind heute Ordnungsamt und Polizei gefordert. Die Strafen bei Nichteinhaltung der Regeln sind aber heutzutage bei Weitem nicht so drastisch wie früher, wo Missachtung im äußersten Fall mit dem Tod bestraft wurde.
Auch die Konflikte der Politik ähneln sich. Sie musste und muss den Spagat schaffen zwischen Infektionsschutz und wirtschaftlicher Betrachtung. Hinsichtlich des Effekts der Kontrollmaßnahmen schlussfolgerte König Friedrich Wilhelm III., dass die Handelseinschränkungen sich auf die Menschen im Lande negativ auswirken und Existenzen bedrohen. Daraufhin wurde, vergleichbar der jetzigen Situation, eine Vielzahl von Maßnahmen wieder gelockert. U.a. wurde die Quarantäne-Zeit auf 5 Tage beschränkt.
Mitte Oktober 1832 erreichte die Cholera in Aachen mit bis zu 20 täglichen Neuerkrankungen ihren Höhepunkt. Insgesamt erkrankten 428 Menschen. Es starb fast die Hälfte davon. Es wurden separate Begräbnisplätze außerhalb der Stadt Aachen für die an Cholera Verstorbenen geschaffen, u.a. dort, wo sich auf dem Aachener Waldfriedhof der Bismarckturm befindet. Am 10. Januar 1833 wurde Aachen für cholerafrei erklärt. Eine zweite, etwas schwächere Welle folgte im Dezember 1833. Mitte Oktober 2020 verzeichnet Corona in der StädteRegion Aachen 3257 seit Ende Februar nachgewiesene Infizierte und 109 Todesfälle.
Die “Cholera-Konsultation am Zentralen Gesundheitsrat” hat George Cruikshank 1832 karikiert dargestellt. Juppheidi, Juppheida, Schnaps ist gut…, könnte man jetzt meinen. Aber nein; Alkohol mag zwar manche Flecken lösen, löst aber nicht die Probleme, die Pandemien hervorrufen, weder Cholera noch Corona.
Michael Mathar